Recht auf Privatsphäre

Artikel 16 der UN-Kinderrechtskonvention: Schutz der Privatsphäre und Ehre

(1) Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.

(2) Das Kind hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.


„Mensch Mama, du sollst nicht gucken, das ist geheim!“

Kinder wissen sehr genau, welche Informationen sie für sich behalten möchten und was sie bereit sind, ihren Eltern zu erzählen. Und Kinder und Teenager haben ein Recht auf Privatsphäre – auch gegenüber ihren Eltern. Für sie ist es tabu, ihren Kindern hinterher zu schnüffeln, an sie gerichtete Briefe oder E-Mails zu lesen, in ihren Sachen zu kramen oder das Tagebuch zu lesen, weil es zufällig gefunden wurde.

Natürlich möchten Eltern gern wissen, was ihr Kind beschäftigt, mit welchen Freunden es zu tun hat und möchten möglichst früh eingreifen, wenn Gefahr droht, sei es durch vermeintlich falsche Freunde oder durch Aktivitäten im Internet. Das bedeutet aber nicht, dass man die Privatsphäre des Kindes verletzen darf – auch wenn es noch so verlockend ist, einen heimlichen Blick auf das Handy des Kindes zu werfen.

Stephanie Wohlers, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes in Stormarn, wird hierbei ganz deutlich: „Es gehört sich einfach nicht, hinter dem Rücken der Kinder im Tagebuch oder in den Nachrichten zu lesen. Und es kann auch das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern empfindlich stören. Viel besser ist es, sich Zeit zu nehmen, um mit dem Kind oder Jugendlichen in Ruhe zu besprechen, was sie gerade beschäftigt. Das ist auch besser für ein harmonisches Zusammenleben.“

Für Eltern ist dies ein schmaler Grat: einerseits das Recht auf Selbstbestimmung zu respektieren, aber andererseits auch das Kind vor Gefahren zu schützen. Auch schon bei kleineren Kindern müssen Eltern die Privatsphäre respektieren. Bei ihnen geht es zum Beispiel um ungefragtes Weggeben von Spielsachen oder um die Nachbarin, die es nicht lassen kann, die Kleine auf dem Kopf zu tätscheln. Der Wunsch nach Privatsphäre kann sich bei einem kleinen Kind auch dahingehend äußern, dass es einfach nur dasitzen möchte, ohne gestört zu werden.

Vorsicht beim „Sharenting“

Eltern sind oft so begeistert von ihren Kindern, dass ein Schnappschuss oder ein besonders süßes Foto gern direkt mit allen Freunden geteilt wird und so in Sekundenschnelle auf Facebook, Whatsapp oder Instagram zu sehen ist. Sharenting ist ein Kunstwort aus „Share“ und „Parenting“ und beschreibt genau dies Phänomen. Viele Eltern achten selbst darauf, keine personenbezogenen Daten ins Netz zu stellen, doch bei ihren Kindern sind sie sehr viel sorgloser. Sie sollten sich vor Augen halten, dass die Fotos in sozialen Netzwerken schnell auch mit anderen, unbekannten Menschen geteilt werden können und so den geschützten Familienrahmen verlassen. Kinder können sich sehr in ihrer Privatsphäre verletzt fühlen, wenn sie irgendwann Fotos von sich finden, auf welchen sie möglicherweise halb nackt, beim Schlaf oder in Badesachen am Strand gezeigt werden. Solche Bilder sind zudem willkommenes Material für Pädophile.

Auch lassen sich durch Fotos und Informationen, welche die Schule oder die Wohngegend des Kindes betreffen, Rückschlüsse auf dessen privates Umfeld und dessen soziales Milieu ziehen. Dies sollten Eltern immer mitbedenken, wenn sie die Fotos ihrer Kinder veröffentlichen. Es ist ihre Pflicht, die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder verantwortungsvoll wahrzunehmen.

Die Online-Privatsphäre der Kinder schützen

Was vielen Kindern (und einigen Erwachsenen) wahrscheinlich nicht klar ist: Es folgen reale Konsequenzen für die Dinge, die man online tut. Es handelt sich nicht um zwei nebeneinander existierende Welten, sondern sie sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft.

Wichtig ist, dass Kinder genau wissen, welche Informationen oder Beiträge von sich selbst oder anderen weitergegeben werden dürfen und welche nicht. Die Privatadresse, der Name der Schule, die man besucht, Festnetznummer und E-Mail-Adressen sind Beispiele für Daten, die niemals öffentlich online weitergegeben werden sollten. Zudem sollten Kinder niemals den aktuellen Aufenthaltsort teilen. Harmlos sind dagegen unbedenkliche Selfies, Katzenbilder oder lustige GIFs.

Eltern sollten ihre Kinder dabei begleiten, die verschiedenen Privatsphäre-Einstellungen für Social-Media-Plattformen einzurichten. Sie sollten auch Tipps geben, wie Kinder mit Freundschaftsanfragen von fremden Personen umgehen können (freundlich, aber bestimmt ablehnen). Dabei sollten sie auch an vermeintlich harmlose Apps wie z.B. Quizduell denken. Genauere Informationen zur Online-Sicherheit bietet das Portal www.klicksafe.de.

Foto: Olya Adamovich auf Pixabay (lizenzfrei)

8 Tipps für Eltern, die Privatsphäre der Kinder zu respektieren (und trotzdem Bescheid zu wissen…)

  1. Leseverbot: Lesen Sie keine Briefe, E-Mails oder andere Nachrichten Ihrer Kinder. Erst recht nicht heimlich. Wenn Sie besorgt sind, warten Sie eine geeignete Situation ab, um mit Ihrem Kind oder Teenie offen über mögliche Ängste oder Sorgen zu sprechen.
  2. Nicht herumschnüffeln: Lesen Sie nicht die Tagebücher oder anderen persönlichen Notizen Ihrer Kinder. Ein Tagebuch kann eine wichtige Ausdrucksmöglichkeit für ein Kind sein, das es in seiner Entwicklung stabilisiert, gerade in der Pubertät. Wenn das Kind erfährt, dass Sie seine Aufzeichnungen gelesen haben, nehmen Sie ihm vielleicht diese tolle Möglichkeit.
  3. Anklopfen: Gerade im Badezimmer oder im Zimmer des Kindes sollten Eltern ab einem gewissen Alter nicht einfach hereinplatzen, sondern vorher anklopfen. Umgekehrt wünschen Sie sich dies ja auch.
  4. Grenzen vereinbaren: Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, welche Grenzen es respektiert sehen möchte und vereinbaren Sie diese fest. Das gilt natürlich auch für Grenzen, die Ihnen wichtig sind.
  5. Wirklich lustig? Seien Sie vorsichtig mit Sätzen wie „Früher hat meine Tochter immer…“ Sie erinnern sich gern an die Kleinkind-Zeit zurück, aber spätestens wenn Ihre Tochter in die Pubertät kommt, findet sie das „nur noch peinlich“ und fühlt sich bloßgestellt.
  6. Zurückhaltung beim „Sharenting“: Posten Sie nur die Bilder von Ihren Kindern, die Sie auch an einer viel befahrenen Straße auf einer Großbildleinwand sehen wollen würden. Besser wäre, Sie gestalten ein Fotobuch oder drucken sich die Fotos aus und verschenken sie dann.
  7. Online sicher unterwegs: Spionieren Sie Ihrem Kind nicht hinterher, aber begleiten Sie es bei den ersten Schritten in der Online-Welt und mit dem Handy. Informieren Sie sich z.B. auf klicksafe.de und nehmen Sie sich Zeit für die Privatsphäre-Einstellungen. Zeigen Sie immer wieder Interesse an dem, was Ihr Kind online so macht, dann wird es Ihnen auch mehr erzählen.
  8. Ausnahmen: Haben Sie wirklich ein sehr ungutes Bauchgefühl oder vermuten Sie, dass gerade wirklich etwas falsch läuft, dann dürfen Sie Ihr Kind kontrollieren. Das gilt vor allem dann, wenn Sie Sorge haben, dass sich Ihr Kind in Gefahr begibt oder die Gesundheit gefährdet wird. Dann müssen Sie eingreifen, denn das Wohl Ihres Kindes steht bei allen Kinderrechten an erster Stelle.

Ansprechpartnerin:

Stephanie Wohlers
Geschäftsführerin Deutscher Kinderschutzbund KV Stormarn e.V.
Tel.: 04532 – 280680
E-Mail: s.wohlers@dksb-stormarn.de
Der Deutsche Kinderschutzbund ist für die Koordination der Stormarner Kindertage zuständig.


So könnte man Artikel 16 Kindern erklären:

Du hast das Recht auf eine Privatsphäre. Niemand darf ungefragt deine Briefe lesen, dein Zimmer durchsuchen oder ähnliches tun. Niemand darf dich beschämen oder beleidigen.

Quelle: Unicef